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Das 19. und 20. Jahrhundert
und Schaumburg, Teile des Kurfürstentums Hannover, die preußische Altmark und das Gebiet von
Magdeburg, soweit es westlich der Elbe lag, Goslar, Halberstadt, Hildesheim, die Bistümer Paderborn
und Osnabrück, der Harz und zahlreiche weitere Regionen gehörten. Als König im neuen Königreich
Westphalen wurde Napoleons jüngster Bruder Jérôme eingesetzt, der seine Residenz in Kassel nahm.
Eine von den französischen Medailleuren Bertrand Andrieu und Nicolas Guy Antoine Brenet ge-
fertigte Bronzemedaille feiert die Einrichtung des Königreiches Westphalen im Jahre 1807, wie es im
Abschnitt auf der Rückseite heißt (Abb. 446)
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.
Außer denMedailleuren Bertrand Andrieu
und Nicolas Brenet hinterließ auch
Dominique-Vivant Denon sowohl auf
der Vorderseite als auch auf der Rück-
seite der Medaille seine Signatur. Denon
war der oberste Kunstbeauftragte
Napoleons, unter anderem General-
direktor des Louvre, und hatte alle
Maler, Graveure und Bildhauer unter
sich. Zudem war er mit der Überführung der Kunstobjekte aus den eroberten Gebieten nach Paris be-
traut und weilte in dieser Funktion Ende 1806 auch in Braunschweig.
Hauptstadt eines der acht Departments des Königreichs Westphalen war Braunschweig. Kriegs-
kontributionen, hohe Steuerforderungen, Zwangsanleihen und die prunkvolle Hofhaltung in Kassel
führten in den folgenden Jahren zu beträchtlichen Finanzproblemen, die zusammen mit den Handels-
blockaden gegen Napoleon die Wirtschaft lähmten. Es drohte der Staatsbankrott. In der Bevölkerung
wurde die Fremdherrschaft bald als drückend empfunden.
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Der ‚Schwarze Herzog’ Friedrich Wilhelm,
jüngster Sohn des verstorbenen Herzogs Carl Wilhelm Ferdinand, kämpfte von seinen Besitzungen in
Schlesien aus mit einer selbst aufgestellten Truppe gegen die Franzosen und wurde vielfach als Be-
freiungsheld glorifiziert. Aber erst nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 löste sich das Königreich
Westphalen auf, und es konnten wieder herzogliche Truppen in Braunschweig einrücken. Formell
wurde am 13. November 1813 das Land für Herzog Friedrich Wilhelm in Besitz genommen.
Wie so Vieles im Königreich Westphalen sollte auch das Münzwesen vereinheitlicht und nach dem
französischen System ausgerichtet werden.
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Neu geprägte Münzen sollten das Geld von Hessen-Kassel,
Braunschweig-Lüneburg, Braunschweig-Wolfenbüttel und Preußen ersetzen. Am 11. Januar 1808 wurde
durch ein Dekret verboten, nach den Währungen von Hessen-Kassel, Braunschweig-Wolfen-
büttel, Braunschweig-Lüneburg, Preußen, Sachsen, Hildesheim, Paderborn, Münster
und Hamburg sowie nach anderen ausländischen Währungen zu rechnen.
Die Münzen durften zwar weiter umlaufen, aber nur zu einem schlechten
Umrechnungskurs, der im Verhältnis zum französischen Franc fest-
gelegt wurde. Die preußischen Münzen, die nach dem
Graumannschen 14-Taler-Fuß ausgeprägt waren, wurden ab-
gewertet, 1809 die Einfuhr preußischer Scheidemünzen
verboten. Seit 1808 ließ die Regierung des Königreiches
Westphalen in Paris und Kassel nach französischem
System Francs und Centimes prägen. Da die Bevölkerung
Misstrauen gegenüber der französischen Währung
hegte, wurde aber auch an der deutschen Währung nach
dem Konventionsfuß festgehalten. Konventionsmünzen
erschienen seit 1808 mit dem westphälischen Wappen,
dem Kopf oder Monogramm König Jérômes; sie waren
in Kassel, Clausthal und Braunschweig geprägt.
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Abb. 446:
Kaiserreich Frankreich,
Napoleon, Bronzemedaille
auf die Errichtung des
Königreiches Westphalen
1807 von Bertrand Andrieu
und Nicolas Guy Antoine
Brenet. – 35,93 g. 40mm. –
NORD-LB Inv.-Nr. 4641.
Vorderseite:
NAPOLEON EMP · ET ROI ·;
Kopf Napoleons mit
Lorbeerkranz nach rechts.
Unterhalb des Hals-
abschnittes ANDRIEU F · /
DENON DIR T ·.
Rückseite:
INJECIT TANDEM FRENA
VAGANTI (= Endlich hat er
dem Unsteten die Zügel
angelegt); nackter Mann
mit Lorbeerkranz führt sich
aufbäumendes Braun-
schweiger Ross am Zügel.
Im Abschnitt: ERECTION
DU ROYAUME / DE
WESTPHALIE /
MDCCCVII ·. Unten
BRENET F ·. – DENON D ·.
Jérôme Napoleon auf
10-Talern 1811
(Vergrößerung der
Abb. 450, Vorderseite)