Seite 32 - Okergeister_

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und holte das Floß ein. Wieder vereint,
segelten sie der Ungewissheit entgegen.
Kein Trinkwasser, keine Nahrung, brennende
Hitze und kein Land in Sicht – leichte Beute
für den Teufel? Der Gehörnte jedenfalls war
zur Stelle und redete auf den frommen
Herzog ein: „Verdursten – ein qualvoller Tod!
Und während du jämmerlich zugrunde
gehst, feiert deine Verlobte ihre Hochzeit mit
einem anderen. Ja, du hast richtig gehört.
Sieben Jahre erhielt sie kein Lebenszeichen,
und so hat man dich für tot erklärt. Nur ich
kann dir jetzt noch helfen.“
Ein harter Brocken für den Herzog, denn
sein Seelenheil ging Heinrich über alles.
Aber nicht nur das: „Nie wieder trenne ich
mich von meinem getreuen Löwen.“
Das war selbst für den Teufel ein Problem.
Nach längerem Überlegen antwortete er:
„Dann muss ich die lange Strecke zweimal
fliegen. Und damit du meine Gutmütigkeit
erkennst, mache ich dir einen Vorschlag:
Dich bringe ich zuerst nach Braunschweig.
Bleibst du wach, bis ich auch den Löwen
geholt habe, dann kannst du deine
kümmerliche Seele behalten.“ Schließlich
stimmte der Herzog zu.
Hoffentlich hatte die Schaukelfahrt durch
die Lüfte bald ein Ende! Wie gut, dass sein
Löwenmagen leer war. Endlich steuerte der
Teufel im Sturzflug den Giersberg in
Braunschweig an, wo er zuvor Herzog
Heinrich abgesetzt hatte. Dort, ein kleiner
Strich! Ob das sein Herr war? Aber warum
lag der Herzog leblos im Gras? War er tot?