Seite 15 - Panoramen_der_Erinnerung

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„Es wechseln Dunkelheit und Licht im Laufe der Zeit, und Vergessen hat
an unserem Leben einen ebenso großen Anteil wie das Erinnern.
Von unserem Glück behalten wir nur einen oberf lächlichen Eindruck,
und selbst die schmerzhaftesten Hiebe vernarben bald wieder.“
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Sir Thomas Browne, 1658
Anmerkungen zu Uwe Brodmanns
„Panoramen der Erinnerung“
Uwe Brodmann und die Panoramafotografie
Uwe Brodmanns Anfänge in der Panorama-Fotograf ie sind eng mit
der „Horizont“ verbunden. Als er im Jahr 1972 erstmals Aufnahmen
dieser Kamera russischen Fabrikats in Händen hielt, hatte dies die
Wirkung einer Initialzündung: „Ich glaubte auf etwas gestoßen zu sein,
von dem ich nicht wusste, dass ich es gesucht habe.“
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Schnell wurde dem Künstler bewusst, dass dieses Format seinen
bislang vagen Vorstellungen einer angemessenen Wirklichkeitsdarstel-
lung die nötige Klarheit verschaffen konnte. Nachdem schließlich die
langwierige Suche nach einer, in West-Europa nahezu unbekannten
„Horizont“ in Krakau ihr Ende fand, konnte sich Uwe Brodmann dem
neuen Format widmen.
Die ersten, ausschließlich schwarz-weißen Panoramen entstanden in
Braunschweig und Umgebung. Beidem – der Stadt mit ihren heteroge-
nen architektonischen und stadtplanerischen Strukturen auf der einen
sowie den scheinbar grenzenlosen Anbauf lächen im ländlichen Umfeld
auf der anderen Seite – vermochte er mit dem Panoramaformat
höchst ästhetische Aspekte abzugewinnen. Die Bildanlage in „Am
Steinberg“, Broitzem 1979 (Abb. 8) überspannt jenen vordergründig
reizlosen Charakter des Ländlichen. Die in die Bildmitte strebenden
1 Sir Thomas Browne zitier t nach Assmann 2000, S. 21.
2 Uwe Brodmann im Gespräch mit dem Verfasser am 9.8.2011.
Furchen und in die Ferne ziehenden Wolken bewirken einen Sog in
die Tiefe des Raumes, dessen ausladende Weite die f lache Ebene in
ihrer stupenden Präsenz erst offenbar werden lässt.
Die sich weit in die Tiefe erstreckenden und durch das Panoramafor-
mat horizontal gedehnten Flächen sind weitestgehend menschenleer.
Allein in „Rübenland“, bei Wierthe 1973 (Abb. 9) verleiht der Schat-
ten des Künstlers der Aufnahme eine Reminiszenz des Menschlichen.
Brodmanns „Kulturlandschaften“, so wie er selbst die Aufnahmen
aus der Umgebung Braunschweigs und der Südheide bezeichnet,
Abb. 8 Am Steinberg, Broitzem 1979
Abb. 9 Rübenland, bei Wier the 1973