Seite 15 - Raabe_inspiriert

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ihre Aktentasche unter ihren Arm, zupfte ihren eng
anliegenden Rock straff und wandte sich der Treppe
zu. Rasch stieg sie die Steinstufen hinauf. Vor der
Tür suchte sie nach dem Klingelknopf. Es gab kei-
nen, nur eine kleine Messingglocke, die an einem
Bogen hing. Sie fasste nach der Kette mit dem Le-
derknauf und zog an ihr. Ein klares ‚Ding- Dong’ er-
tönte, sowohl vor als auch hinter der Tür. Drei Mal
läutete sie. Nach jedem Läuten hielt sie inne und
horchte, doch kein Geräusch zeigte ihr, dass sich
Schritte näherten.
„Verflucht!“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Dieser
Mertens und seine Geheimnistuerei. Und wie eilig er
es hatte. Und nun…“ Sie schwang herum und blick-
te die Auffahrt hinunter. Der staubige Bogen, den der
Sandweg bis zu den Bäumen beschrieb, bevor er hin-
ter ihnen verschwand, flimmerte in der Tageshitze.
Kein Auto und kein Mensch waren zu sehen.
„Verflucht, Mertens!“, sagte sie laut. „Ich habe
meine Zeit auch nicht gestohlen.“
Eine Staubwolke quoll hinter den Bäumen hervor.
Im nächsten Moment schoss ein Jaguar den Weg ent-
lang, auf sie und das Haus zu. Aus Augenschlitzen
verfolgte sie sein Näherkommen. Als der Wagen röh-
rend und Steinchen spritzend hinter ihrem Polo an-
hielt, presste sie die Lippen zusammen. Diesem Arzt,
Herrn Dr. Mertens, würde sie gehörig ihre Meinung
sagen. So einfach ließ man sie nicht warten, vor al-
lem, wenn man etwas von ihr wollte.
„Entschuldigung! Es tut mir schrecklich Leid.“ Dr.
Mertens schlug die Wagentür zu. „Unerwartete Kom-
plikationen bei einer OP.“ Er eilte die Treppe hinauf