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Linda Entz
Auf Wichtelmann!
Es war beileibe keine stille Nacht.
Wer um diese Zeit und bei diesem Wetter im
Freien unterwegs war, dem kam allerlei Unchristli-
ches über die Lippen, das wegen des Sturms jedoch
weder von irdischen noch von überirdischen Ohren
vernommen werden konnte.
Wichtelmann fluchte trotzdem oder gerade des-
halb, während er sich seinen Weg durch Schnee und
Dunkelheit bahnte.
Sogar die Straßenlaternen waren ausgefallen. –
Oder war dies die neueste Spar-Idee der bankrotten
Kommune? Stille Nacht, dunkle Nacht.
Da vorne musste doch endlich --- ja, tatsächlich.
Ein schwacher Lichtschein aus dem Haus der Schil-
lingh-Brüder. Eine Mischung aus blakenden Kerzen
und flackernder Lichterkette hinter länger nicht ge-
putzten, beschlagenen Scheiben.
Das grob verputzte Mauerwerk rings um dies war-
me Leuchten verwuchs mit der umgebenden Schwär-
ze der Tannen und des Himmels; man konnte nicht
unterscheiden, wo das eine aufhörte und das andere
begann.
Wichtelmann tastete vergeblich nach der Klingel
und wählte schließlich den Türklopfer. Er musste
das an der Tür festgefrorene Stück Metall nach vorn