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Stahl gleitet langsam an Thormanns Hals nach
unten.
„Das nächste Mal“, sagt Gozo, „lass ich dich erst
an meinen Eiern riechen.“
Noch zitternd läuft Thormann an der vermüllten
Brache vorbei den Weg hinunter zum Wasser und
weiter am Fluss entlang Richtung Osten. Hier in der
Zwischenstadt ist es egal, welchen Weg du nimmst.
Irgendeine Gang kontrolliert jeden von ihnen. Zum
Glück sind sie meistens damit beschäftigt, sich
gegenseitig abzustechen. Leute wie er sind nur Kol-
lateralschäden in ihrem Krieg. Ich sollte mich dran
gewöhnt haben, denkt er. Doch seit er Elys begegnet
ist, ist seine Angst größer geworden. Als sei sein Le-
ben zerbrechlicher, jetzt, wo sie da ist.
Dort: die eingestürzte Brücke, wo er manchmal
schläft, zwischen den Trümmern. Dort hat er zum
ersten Mal etwas von Gott geahnt. An einem kalten
Dezembermorgen, als die Sonne blau und bebend
über dem Fluss aufging, fühlte er für einen Augen-
blick, dass die Welt vollkommen war. Es war wie
eine Vorbereitung auf jenen Moment, in dem er,
unter der Tanne stehend, in Elys’ Augen blickte.
„Das hier ist der Ort Gottes“, sagte Elys, „Kommst
du deswegen hierher?“
Er konnte nicht sprechen.
„Du kommst wegen mir“, sagte sie, und damit war
es in Ordnung.
Alle sechs oder sieben Wochen geht er seither hin.
Nicht zu oft, um nicht aufzufallen. Wenn Elys nicht
im Garten ist, setzt er sich unter die Tanne und war-
tet. Jedes Mal vergehen nur ein paar Minuten, bis