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Onkel Böhrs anregte. Parkanlagen mit Gartenloka-
len konnten das Ziel sein oder die Kreuzhorst mit
ihren Auwäldern östlich der Elbe, durch die wir
nach Pechau wanderten. In Kriegszeiten – inzwi-
schen dauerte der Zweite Weltkrieg schon mehrere
Jahre – waren die Ausflüge nach Pechau wegen der
Spiegeleier mit Bratkartoffeln im dörflichen Gast-
haus Höhepunkte, die Onkel Böhrs für unsere klei-
ne Gruppe organisiert hatte. Der Heimweg zu Fuß
über den Klusdamm bezauberte durch den Anblick
der näher rückenden Stadtsilhouette mit ihren dop-
peltürmigen Kirchen und der tiefstehenden Sonne
im Westen.
Das markante Stadtbild ist auf vielen Stichen ver-
gangener Jahrhunderte festgehalten worden. Wil-
helm Raabe gab ihm einen Namen: „Unseres Herr-
gotts Kanzlei“. Zu Recht sah man in diesem
Buchtitel einen Ehrentitel, denn welche Stadt konn-
te auf so viel Glaubensfestigkeit und eine solche
Vielzahl stattlicher Kirchen verweisen?
Der Luftkrieg im Zweiten Weltkrieg war in diesem
Ausmaß neu und wurde für Magdeburg und zahlrei-
che andere Städte verhängnisvoll. Nach anfängli-
chen einzelnen Lücken im Stadtbild, die mit den
zunehmenden Angriffen größer wurden, vernichte-
te am 16. Januar 1945 ein Bombenteppich mit
Spreng- und Brandbomben flächendeckend die ge-
samte Altstadt. Wer diese Schreckensnacht mit-
erlebt und überlebt hat, wird sie lebenslang nicht
vergessen. Vierzig Minuten lang dauerte der Einsatz
der Bomber, die Staffel flogen, und die Erde
schwankte und bebte selbst in unserem Vorort. Das