Seite 61 - Raabe_inspiriert

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Frida Kopp
Verwundeter Held
Der Wind klatscht den Regen gegen die Fenster-
scheiben — was für ein Kontrast zur Hitze im Golf
von Aden. Immerhin passt das Unwetter genau
dazu, wie es in mir drinnen aussieht. Also, wenn
Mira das jetzt hören würde — ich glaube, sie wäre be-
geistert. Schließlich bohrt sie dauernd nach, nervt
mich immer wieder mit der Fragerei, was in mir vor-
geht! Am liebsten würde ich jetzt pennen, aber der
Sturm lässt mich nicht.
Vor Somalia war es meistens die Hitze, die Schlaf
verhinderte. Ansonsten ist der Alltag auf einem Ma-
rineschiff vor allem eins: eng. Weshalb einer der
Funker unsere Fregatte die Galeere genannt hat.
Weil alle viel zu dicht aufeinander hocken und sich
gegenseitig auf die Nerven gehen. Diejenigen, die
zu Hause eine Braut haben, nerven mit ihren Zwei-
feln, ob die Schlampe auch treu ist. Wenn ich ehr-
lich bin, wenigstens mir selbst gegenüber, war ich
auch nicht viel besser.
Mira und ich, wir kennen uns schon seit der Schul-
zeit, und als ich zur Marine gegangen bin, hat sie an-
gefangen zu studieren, ausgerechnet Sozialpädago-
gik, und ist in so ’ne Studenten-WG gezogen.
Inzwischen hat sie ihren Abschluss und macht ein
Praktikum, für das sie so wenig Geld kriegt, dass es