Seite 96 - Raabe_inspiriert

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wann war es ein Spiel geworden, das ihr ebenso ge-
fiel wie ihre Arbeit. Sie war nicht mehr verärgert
über Frau Krause, sondern freute sich auf den Heim-
weg, wenn sie unter den dichten Kastanienbäumen
durch den Vor­mittag zur Mühle ging. Später zu
dem kleinen Haus am Dorf­rand. Das Abendbrot
bereits in der Tasche. Wenn sie dann heiter ihre
Beute vor mir ausbreitete, stand ich hinter ihr, hatte
meine Arme um ihre Taille geschlungen und hörte
gespannt zu, wer bei dieser Wurstscheibe gerade im
Laden war oder was Frau Krause bei jener halben
Tomate dahergeschwätzt hatte.
Viertes Schlaglicht
Als Großvater die Bockwindmühle am Ende des 19.
Jahr­hunderts gekauft hatte, war die Zeit der Mühlen
längst vorbei. Die Mühle stand schon über ein Jahr-
zehnt leer und verfiel langsam. Wir waren auch
keine Müller, nie gewesen, und irgendwie war es
merkwürdig, dass Großvater diese Mühle gekauft
hatte. Die Leute im Dorf schüttelten den Kopf. Viel
Geld hatte mein Großvater nicht. Aber er wollte
hier leben, in diesem kleinen Ort zwischen Asse
und Elm. Großvater arbeitete bei der Bahn, wie
viele hier und Großmutter nähte und besserte die
Kleider der Nachbarn aus. Die Mühle war die Ro-
mantik ihres Lebens. Großvater reparierte sein Le-
ben lang die Mühlenruten und das Mühlgehäuse, er
klopfte hier und hobelte dort. Obwohl die Mühle
niemals wieder ihre eigentliche Arbeit aufnehmen
sollte. Anfangs war es eine Attraktion für die Umge-
bung, die Familie Reuter wohnte in einer Mühle.