Seite 19 - Schloss_Wolfenbuettel

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Harzrand, wo ihr herzoglicher Liebhaber eine Bleibe
für sie eingerichtet hatte. Hier besuchte sie der Her-
zog, wenn er auf die Jagd ging, weiterhin sehr häufig,
und hier erblickten auch weitere sieben Kinder das
Licht der Welt.
Wenige Jahre nach der Beilegung der „Hildes-
heimer Stiftsfehde“ griff der Herzog an der Seite des
Landgrafen Philipp von Hessen, des Herzogs von
Sachsen und des Grafen von Mansfeld in den Bau-
ernkrieg in Thüringen ein. Als rechtlose Untergebene
ihrer adeligen Herren rebellierten die Bauern gegen
die Ungerechtigkeit ihrer erbärmlichen Lebensum-
stände. Einem ihrer Führer, Thomas Müntzer, war es
gelungen, ein Heer aufzustellen, das eine tatsächli-
che Bedrohung darstellte. Doch im Jahr 1525 erlitt
das Bauernheer in der Schlacht von Frankenhausen
eine vernichtende Niederlage, die mit der Gefangen-
nahme Thomas Müntzers endete. Der Bauernführer
wurde zum Tode verurteilt, und es ist überliefert, dass
Herzog Heinrich ihm auf dem Weg zur Richtstätte
„deutlich und mit harter Stimme“ das Glaubensbe-
kenntnis verlas.
Nach dem Sieg über die aufständischen Bauern
begab sich Herzog Heinrich „der Jüngere“, ohne erst
in seine Stammlande heimzukehren, auf eine Reise
an den kaiserlichen Hof. Der Weg führte ihn über
die habsburgischen Niederlande nach Spanien, wo
ihn in Sevilla Kaiser Karl V. empfing. Dieser trug sei-
nem Herzog auf, mit tausend schwer bewaffneten
Kriegern nach Italien zu ziehen, um die abtrünnige
Stadt Lodi niederzuwerfen. Die Belagerung der gut
befestigten Stadt wurde 1528 jedoch erfolglos auf-
gegeben, und der stolze Herzog musste den langen
Heimweg nach Wolfenbüttel als Reitknecht verklei-
det antreten, denn die Alpenpässe, die er überque-
ren musste, waren von seinen Feinden besetzt. Die
Eindrücke, die er auf dieser langen Reise gewonnen
hatte, schlugen sich kurze Zeit nach seiner Heimkehr
in der Errichtung des „Tiergartenbaus“ (H) auf der
Südseite des Wolfenbütteler Burgkomplexes nieder.
Dort entstand ein reiner Wohnpalast mit Lustgarten,
dessen Baumerkmale die Kenntnis des Alcazar von
Sevilla, des französischen Schlossbaues und der Vil-
lenbauten Oberitaliens verraten.
Während seiner langen Abwesenheit hatte die
Reformation auch in sein Land Eingang gefunden,
und die Stadt Braunschweig war sogar in aller Form
zum protestantischen Glauben übergetreten. Durch
dieses eigenmächtige Handeln sah der streng katholi-
sche Fürst seine landesherrlichen Rechte verletzt und
erließ wütende Erlasse gegen die Reformation.
Im Jahr 1531 organisierte Kurfürst Johann von
Sachsen zusammen mit Landgraf Philipp von Hes-
sen, Herzog Ernst von Lüneburg und anderen Fürsten
im thüringischen Städtchen Schmalkalden ein Bünd-
nis, das sich die Aufrechterhaltung der evangelischen
Lehre zur Aufgabe machte. Auf die Gründung des
Schmalkaldischen Bundes reagierte eine Reihe von
Fürsten mit der Bildung der Katholischen Union, der
Herzog Heinrich „der Jüngere“ als einer der Ersten
beitrat. Nachdem von protestantischer Seite defti-
ge Schmäh- und Streitschriften (u.a. Martin Luthers
„Wider Hans Worst“) gegen den Herzog in Umlauf
gebracht worden waren, brach eine Auseinanderset-
zung aus, die mit ihren im Namen der Religion von
allen Parteien verübten Grausamkeiten die Schreck-
nisse des Dreißigjährigen Krieges vorwegnahm. Trup-
pen des Schmalkaldischen Bundes belagerten im Jahr
1542 die Festung Wolfenbüttel. Lucas Cranach „der
Ältere“ hielt auf einem Gemälde und einem Holz-
schnitt die Gefechte um die Burg fest. Beide Abbil-
dungen stellen die ältesten erhaltenen Ansichten von
Burg und Festung Wolfenbüttel dar. Nach aussichts-
losen Verteidigungsversuchen gegen die Übermacht
der Belagerer floh Herzog Heinrich nach Landshut
in Bayern, um Beistand bei den Mitgliedern der ka-
tholischen Union zu suchen. Im herzoglosen Wol-
fenbüttel verwalteten die siegreichen evangelischen
Fürsten nun gemeinsam das Fürstentum und führten
die Reformation ein. In der Zwischenzeit gelang es
Herzog Heinrich mit Hilfe der Süddeutschen, ein
Heer aufzustellen, mit dem er gegen die Schmalkal-
dener zog. Im Jahr 1545 kam es bei Northeim zur
Herzog Heinrich „der Jüngere“
II
Abb. 18
Herzogin Sophie
,
geb.
Prinzessin von
Polen
,
Peter Spitzer (?, er-
wähnt 1533-1578),
Öl auf Leinwand, um
1556;
Niedersächsisches
Landesmuseum
Hannover