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VII
Die Schlösser des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel
Um
1677 hatte der Herzog den „Neuen Weg“
anlegen lassen, der in schnurgeradem Verlauf vom
Forsthaus am Herzogtor bis an den Nordrand des
Dorfes Klein Stöckheim führte.
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Die neue, linden-
gesäumte Verbindung zwischen Wolfenbüttel und
Braunschweig war zunächst dem Herzog und seinen
Hofbeamten vorbehalten – Schranken sorgten dafür,
dass keine unrechtmäßigen Benutzer ihn hätten be-
treten können. Auf der Höhe des Lechlumer Holzes
schlug man acht Schneisen in den Wald und ein
sogenannter Jagdstern nach französischem Vorbild
entstand. Nachdem Herzog Anton Ulrich Mitregent
geworden war, errichtete man hier auch das „Stern-
haus“, ein kreuzförmiges Jagd- und Lusthaus.
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Die
Konzeption dieser Anlage, aber auch jene des bereits
erwähnten Tiergartens „Mon Plaisir“ gingen auf Vor-
bilder in Kleve am Niederrhein und in Berlin zurück.
Mit Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679)
verbanden sowohl Herzog August „der Jüngere“ als
auch sein Sohn Herzog Rudolf August eine enge
Freundschaft. In Kleve, wo der Oranier residierte,
waren ab 1650/56 ein Tiergarten, eine Lindenallee,
Jagdsterne und ein Sternhaus angelegt worden. Fried-
rich Wilhelm, Brandenburgs „Großer Kurfürst“ und
ebenfalls ein guter Freund des Nassauers, ließ sich
bei der Planung zur Berliner Prachtallee „Unter den
Linden“ und dem sogenannten Großen Stern stark
vom Kleveschen Jagdstern mit seiner Allee inspirie-
ren, und schon wenig später kopierten auch die Wol-
fenbütteler Herzöge dieses Konzept im Lechlumer
Holz. Vom Sternhaus, an dessen Stelle noch heute
ein schönes, um die vorletzte Jahrhundertwende sehr
beliebtes Ausfluglokal im Jugendstil mit dem selben
Namen steht, wie auch vom Schloss in Vechelde, das
um 1695/96 als Sommersitz für Madame Rudolfine
erbaut worden war,
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ist jede Spur verschwunden.
In der Regierungszeit Herzog Anton Ulrichs
entstand eine stattliche Anzahl von Schlossbauten:
Allen voran das berühmte Lustschloss Salzdahlum
nach Entwürfen von Johann Balthasar Lauterbach
und Hermann Korb, mit dessen Errichtung man 1688
begann und das bereits zwischen 1811 und 1813 ab-
gerissen wurde (Einzelheiten dazu sind im folgenden
Kapitel nachzulesen). Daneben wurde von Hermann
Korb das Schloss Salder im Jahr 1695 als Domizil für
den nachmaligen Herzog August Wilhelm umgebaut,
der schon seit 1689 in Langeleben ein inzwischen
zerstörtes von Lauterbach entworfenes Jagdschloss
bewohnt hatte, und in Seesen erbaute Hermann Korb
im Jahr 1707 ein weiteres Jagdschlösschen.
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Schließ-
lich ließ Herzog Anton Ulrich ab 1690 zu beiden
Seiten des Neuen Weges Gärten anlegen, die man
an Mitglieder seines Hofstaates und an reiche Bür-
ger verpachtete. Den Wunsch nach einem eigenen
Garten erfüllte sich auch des Herzogs Frau, Elisabeth
Juliane: An der Stelle des sogenannten Roten Vor-
werks auf der Westseite des Neuen Weges entstand
▲
Abb. 203
Schloss Mon Plaisir
,
Jacob Wilhelm Hecke-
nauer (1675-1738),
Kupferstich, um 1706;
Museum im Schloss
Wolfenbüttel
dolfine, zurückgezogen. Der fromme Pietist sorgte
auf diese Weise für eine kluge Distanz zum fürstli-
chen Schloss in Wolfenbüttel, in dem sein Bruder,
der kunst- und prachtliebende Herzog Anton Ul-
rich, residierte. Noch in seiner Zeit als Erbprinz ließ
Rudolf August im nahegelegenen Dorf Kissenbrück
zwischen 1662 und 1664 eine neue Kirche errichten,
die vom kleinen Hedwigsburger Hofstaat auch als
Schlosskapelle genutzt wurde. Der Architekt, Anton
Reinhardt, griff bei dem Entwurf des kreuzförmigen
Zentralbaues auf niederländische Vorbilder zurück.
Im Jahr 1769 gingen das Hedwigsburger Schloss und
sein Garten in die Hände des Geheimen Rats und
Oberkammerherrn Herzog Karls I., Albrecht Edmund
von Münchhausen, über. Der neue Besitzer ließ so-
gleich Umbau- und Modernisierungsarbeiten am Ge-
bäude ausführen und veranlasste die Umgestaltung
des französischen Gartens in einen englischen Land-
schaftspark. Im Jahr 1944 wurde das Anwesen von
Bombentreffern zerstört.
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