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sind dabei gleichermaßen Teil als auch Ergebnis dieser Geschichte. In unserer his-
torischen Fallstudie wollen wir daher auch Aufschlüsse über heutige Spiele gewin-
nen und verstehen, wie Strategiespiele als Kulturtechnik immer schon einen wich-
tigen da zentralen Bestandteil einer Gesellschaft gebildet haben. Hatte der Begriff
zunächst noch eine enge Bindung an die ›Kunst der Kriegsführung‹, so beobachten
wir heute zunehmend eine Universalisierung des Strategischen. Jeder Lebensbe-
reich, jede Handlung wird aus strategischer Perspektive betrachtet und zielgerichtet
optimiert.
Strategiespiele
In dieser Tradition steht auch das Braunschweiger Kriegsspiel, entworfen als kosten
günstige Kriegssimulation zur Ausbildung des militärischen Nachwuchses, entwi-
ckelt von dem Mathematiker und Insektenkundler Johann Christian Ludwig Hell-
wig und
1780
als Regelbuch veröffentlicht.
Das Hellwigsche Spiel ist Teil einer langen Tradition
strategischer Spiele. Beginnend mit dem chinesi-
schen
Wéiqí
(heute hauptsächlich als
Go
bekannt)
und dem indischen
Chaturanga
(einer Vorform des
heutigen Schachs) bilden sich diverse Formen her-
aus, neben Brettspielen auch Karten-, Mannschafts-,
Such- und Simulationsspiele. Denn jenseits des rei-
nen Glücksspiels sind fast alle Spiele strategisch
motiviert. Sind es zunächst vornehmlich Brettspiele,
die man als Strategiespiele bezeichnen würde, hat
sich bis heute eine breite Palette unterschiedlicher
Spielformen und -genres herausgebildet. Die Nähe
zur strategischen Kriegsmetapher fällt dabei unter-
schiedlich eng aus. Aktuelle Brettspiele wie
Stratego
,
Risiko
,
Jagd auf Mister X
oder
Die Siedler
überformen
die eigentliche strategische Siegbedingung mit ei-
nem narrativen Muster, wie etwa der Kolonisierung
einer neuen Welt, die beispielsweise dem Schach
oder dem noch abstrakteren
Go
nicht zu Eigen ist.
Abbildung 3:
Johann Christian Ludwig Hellwig
anlässlich seiner Hochzeit mit
Henriette Dorothea Schönwaldt am
7.4.1774.