Seite 57 - Topographie_der_Erinnerung

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lungen beruhende deutsche „Volksgemeinschaft“ entblößte
ihren rassistischen Kern, indem die Ausländer außerhalb
der deutschen Bevölkerung gestellt wurden.
Die 2.638 Wohnungen, die bis zur Einstellung des Woh-
nungsbaus im Jahre 1942 fertig gestellt werden konnten,
waren dementsprechend der deutschen Wohnbevölkerung
vorbehalten. Demgegenüber mussten die knapp 12.000
Ausländer, die Mitte 1944 im Volkswagenwerk arbeiteten
und rund zwei Drittel der Belegschaft stellten, in betriebs-
eigenen Massenquartieren leben, die die „Stadt des KdF-
Wagens“ zu einer Barackenstadt machten. Die Landarbeiter
wohnten demgegenüber in der Regel auf den Höfen, denen
sie durch das Arbeitsamt zugewiesen worden waren. Insge-
samt zählte der Arbeitsamtsbezirk „Stadt des KdF-Wagens“
am 30. Juni 1944 21.957 Ausländer – 14.880 Männer und
7.077 Frauen –, davon allein 10.766 „Ostarbeiter“. Obgleich
Zwangsarbeiter die Mehrheit der städtischen Bevölkerung
bildeten, waren insbesondere die Menschen aus Osteuropa,
zudem auch die sowjetischen Kriegsgefangenen, die italie-
nischen Militärinternierten und erst recht die KZ-Häftlinge
vom kommunalen Leben ausgeschlossen.
Insoweit gaben die Verhältnisse in der Stadt und im
Volkswagenwerk eine getreues Abbild der auf Zwangsar-
beit basierenden deutschen Kriegsgesellschaft. Die
Zwangsarbeiter – Zivilisten, Kriegsgefangenen und KZ-
Häftlinge – waren Repressalien ausgesetzt, die durch den
Werkschutz, durch Beamte der eigens im Werk angesiedel-
ten Gestapo-Außendienststelle, durch SS-Wachen, aber
auch durch NSDAP-Funktionäre und Vorarbeiter begangen
wurden. Die durch unzureichende Ernährung, schlechte
Kleidung, überbelegte Zimmer und fehlende Hygienemög-
lichkeiten verursachten Krankheiten, die Kräfteauszehrung,
aber auch Bombenangriffe und Betriebsunfälle führten zu
mehr als 210 Todesfällen. Das Gros der Opfer stammte aus
der Sowjetunion.
Insbesondere im KZ-Kommando Laagberg prügelten
SS-Wachen Häftlinge zu Tode. Aber auch im Werk und auf
dem Stadtgebiet kam es dazu, dass sowjetische Kriegsge-
fangene durch gezielte Schüsse getötet wurden. Hierbei tat 16