Dieses Innovationspotential der Wiener
Optik, deren wichtigster Vertreter neben
Johann Friedrich Voigtländer sein ehemaliger
Geselle G. S. Plößl war, beruhte aber nicht
allein auf dem von Voigtländer aus England
importierten Know-how.
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung
war die Unterstützung der Wiener Optiker
durch das Wiener Polytechnische Institut, das
1815 nach dem Vorbild des seit 1797 in Prag
existierenden Polytechnischen Instituts auf
Anregung des Physikprofessors Johann
Joseph Prechtl gegründet worden war.
Zugrunde lag die Idee, theoretisches Wissen
zu vermitteln. Das Ziel des Lehrplanes in der
Unterabteilung Optik war die „Erklärung
aller jener Erscheinungen, die vom Licht
abhängen, und aller darin gehörigen Werk-
zeuge und deren Verfertigung.“
24
Neben
einem wöchentlichen dreistündigen Unter-
richt in Optik wurden Dioptrik, Katoptrik
und Theorie der Perspektive gelehrt. Handwerkern, Gesellen und Lehr-
lingen, die wochentags nicht an den Lehrveranstaltungen teilnehmen
konnten, wurde an Sonn- und Feiertagen vormittags zwischen 9 und 10
Uhr eine unentgeltliche Vorlesung über „Mechanik in Beziehung zu den
verschiedenen Gewerben“ angeboten. Neben einer umfangreichen
Sammlung von technischen Produkten, Modellen und Werkzeugen ver-
fügte das Polytechnische Institut auch über eine Bibliothek. In einer
eigenen mechanischen Werkstätte wurden nach 1819/20 astronomische
und geodätische Instrumente für Sternwarten, die Heeresverwaltung
und staatliche Stellen angefertigt.
25
Der Beitrag der am Polytechnischen Institut lehrenden Professoren
Johann Joseph Prechtl und Simon Stampfer zum hohen Niveau der
besten Wiener Optiker läßt sich kaum überschätzen. Stampfer veröf-
fentlichte 1828 zwei Untersuchungen, die Voigtländer und Plößl mit
dem Aufbau der Fraunhofer’schen Objektive bekannt machten. Prechtl
veröffentlichte im gleichen Jahr unter dem Titel „Praktische Dioptrik“
eine Studie über Prüfungs- und Schleifverfahren und beriet die Wiener
Optiker in Fragen der Glasbearbeitung. In Fragen der Glasmessung ist
Stampfers Name im Zusammenhang mit einer Beraterfunktion häufiger
in Voigtländer-Akten anzutreffen.
26
18
Johann
Friedrich
Voigtländer,
1845