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Für immer. In St. Petersburg beging Christoph Friedrich Groß Selbstmord.
Der daheim zum Minister avancierte Geheimrat von Cramm – –‘
‚– – diente unter dem Nachfolger meines damals schon verstorbenen Vaters.
Kanzler geworden war ein gewisser Schrader von Schliestedt – –,‘ warf Fer-
dinand von Münchhausen ein.
‚– – der wenigstens die Ausreise von Ludwig Ernst in St. Petersburg erwirk-
te – –,‘ wollte Karl Friedrich seinen Satz vollenden.
‚– – welcher es inzwischen ganz schön zu was gebracht hat,‘ unterbrach
schon wieder der Hausherrn. ‚Nämlich vom österreichischen Feldmarschall
zum Generalkapitän der Niederlande! Eigentlich schade, dass nicht er der
Erstgeborene war!‘ Ferdinand von Münchhausen genehmigte sich eine Pri-
se aus der Schnupftabaksdose. ‚Ha–ha-hatschi – ah – unser Herzog Karl ist,
im Vertrauen gesagt, die gleiche Sorte Schlappschwanz wie sein glückloser
Bruder Anton! Nur sitzt einer von beiden gemütlich auf seinem Thron in
Braunschweig, während der andere in russischen Kerkern modert, von al-
len längst vergessen. Wie bist Du davon gekommen?‘
‚Indem ich mein Maul hielt, mit den russischen Kameraden um die Wette
Wodka soff und mich keiner Feindberührung aussetzte. Ich war von Anton
an der Front zurückgelassen worden und hatte dort gelernt, unter ziemlich
scheußlichen Bedingungen wenigstens Leben und Gesundheit nach dem
Motto zu bewahren, weit vom Schuss macht alte Krieger! Irgendwann ruhte
dann der osmanische Krieg – für eine Weile. Wir wurden nach Riga verlegt,
wo ich die Ehre hatte, als Wachoffizier die Nachtruhe der durchreisenden
Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst zu beschützen. Zarin Elisabeth hatte
sie zur Ehefrau ihres Neffen Peter erkoren. Nebenbei bemerkt, der Dame
wird es auch nicht leicht in St. Petersburg. Ihr Ehemann ist zwar Thronfol-
ger, gilt aber als infantiler Schwächling. Sie hat ihm einen Sohn geboren.
Man munkelt, dass nicht Peter der Vater ist. Zarin Elisabeth hat das Kind für
legitim erklärt, jedoch der Mutter gleich nach der Geburt entrissen, Zustän-
de – schlimmer als im alten Rom!‘
‚Sage so etwas besser nicht laut, mein Lieber.‘
‚Weshalb? Ich tat mein Mögliches, wenigstens brieflich dem armen Anton
Trost zu spenden, aber niemand wusste, wo man den Prinzen gefangen
hielt. 1744 ehelichte ich in Riga meine Jakobine, aus dem alten baltischen
Geschlecht derer von Dunten. 1750 wurde ich zum Rittmeister befördert.
Bald darauf nahm ich meinen Abschied und kehrte heim. In Bodenwerder
führen wir ein angenehmes Leben. Die Neugier meiner Freunde aus der
Nachbarschaft über das Leben in russischem Kriegsdienst befriedige ich
mit erdachten, dazu völlig unglaubwürdigen Geschichten, über die sie sich
herrlich amüsieren. Im Spaß nennt man mich schon den Lügenbaron. Es
sollte kaum wundern, wenn demnächst jemand daran ginge, dessen abson-
derliche Heldentaten aufzuschreiben.‘