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sind sieben belegte Plätze eingezeichnet und überwiegend
mit den Namen der Bestatteten beschriftet. Danach wurde
die Priorin vor dem Altar am 2. Platz von rechts beigesetzt,
nach der Beschriftung offenbar hier als Zweitbelegung.
Links davon liegt der Pastor Magister Cordes bestattet.
Seine Grabplatte ist erhalten und wird im Folgenden kom-
mentiert (s. u. S. 94, Nr. 6). Bei den übrigen Beigesetzten
handelt es sich um weitere lutherische Pastoren und – mit
„Ladey“ bezeichnet – wohl um ein Mitglied der Familie
des Klosteramtmanns Köhler, dessen Ehefrau das unten
S. 97 vorgestellte Epitaph Nr. 7 gewidmet ist. Bei der Her-
richtung des Grabes für die Priorin Christine Elisabeth
Voigts gab es diverse Funde – verweste Leichenteile, zwei
Knochen, eine halbe Hirnschale und vermoderte Bretter. Die
Totengräber erklärten dergleichen Überreste in „uhralten
Gräbern“ für üblich. Unbefangen schlugen sie vor, sie „bey
den neuen Sarck“ beizuwerfen.
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Hier dürfte es sich um
Überreste der vorherigen Beisetzung gehandelt haben. Aus
geschlossen werden kann allerdings nicht, dass diese Relikte
auch aus sehr viel älteren Beisetzungen, also noch aus der
katholischen Zeit stammten. Dann hätte man – höchst
praktisch denkend – einen einmal eingeführten und mit
entsprechenden Gewölben ausgestatteten Begräbnisplatz
vor einem Altar in protestantischer Zeit einfach weiter
benutzt.
Auch die Domina Cuno (s. u. S. 98, Nr. 8) hat sich 1724
vor einem Altar bestatten lassen, desgleichen 1746 Propst
Hermann von der Hardt (s. u. S. 99, Nr. 9), sie in der süd-
lichen, er in der nördlichen Turmkapelle. Beide Ältare,
geweiht der hl. Magdalena sowie dem hl. Kreuz, dem hl.
Augustin und der hl. Katharina, dürften um diese Zeit
nicht mehr liturgisch genutzt worden sein. Zu den Motiven
für die Wahl dieser letzten Ruhestätten hat vermutlich
weniger das Streben nach Nähe zum Altar als vielmehr
der Wunsch nach einer eigenen Grabkapelle gehört. Diese
konnte bei den beiden höchsten Amtsträgern des Klosters
ein zweifellos vorhandenes barockes Repräsentations
bedürfnis erfüllen.
Unter den aus katholischer Zeit erhaltenen Grabdenkmälern
gibt es eine inzwischen selten anzutreffende Besonderheit,
dass nämlich zu einer Person, hier der Domina Sophia von
Wenden (s. u. S. 90, Nr. 4), sowohl eine Grabplatte wie auch
ein Epitaph erhalten sind. Für diese Doppelung geben die
kirchlicherseits zum Vollzug des Totengedenkens empfoh
lenen liturgischen Handlungen eine Erklärung. Die auf
dem eigentlichen Grab liegende Grabplatte diente dazu,
den Begräbnisort zu kennzeichnen, damit der Priester nach
Totenmesse und Totengebeten dort weitere kultische
Handlungen, z. B. das Anzünden von Jahresgedenkkerzen,
vornehmen konnte. Zur Grabplatte trat häufig ein mehr
oder weniger entfernt vom Grab befindliches Gedächtnis-
mal, das Epitaph, hinzu. Es hielt die Erinnerung an den
Verstorbenen in meist sehr viel repräsentativerer Gestal-
tung wach. Die beiden Grabdenkmäler der Sophia von
Wenden sind ein gutes Beispiel dafür, wie sich deren ver-
schiedene Funktion niederschlägt in einer recht unter-
schiedlichen Ausführungsqualität. Auch diesen Brauch,
einen Toten mit zwei Grabdenkmälern zu ehren, hat man
in nachreformatorischer Zeit zunächst beibehalten, obwohl
die ursprüngliche liturgische Begründung dafür entfallen
war.
Der jetzt noch vorhandene Bestand an historischen Grab-
denkmälern in Kirche und Kloster ist recht überschaubar.
Erhalten sind 12 Objekte für 11 Verstorbene. Aus schrift-
lichen Quellen, unter anderem aus einer Aufstellung des
17. Jahrhunderts, sind eher zufällig weitere 17 mit Inschriften
versehene Grabdenkmäler bekannt.
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Sie stammen aus der
Zeit etwa zwischen 1452 und 1701 und sind verloren. Die
tatsächlichen Verluste dürften jedoch höher sein, bedenkt
man die zur Verfügung stehende lange Zeitspanne ab der
Beisetzung des Klostergründers Wolfram im Jahre 1183.
Diese 17 bekannten, aber verlorenen Grabdenkmäler waren
ausschließlich Würdenträgern gewidmet, also dem oben
genannten Kanoniker Burchard von Marenholtz, Klerikern
und Pröpsten des Klosters, verschiedenen Dominae und
weiteren herausgehobenen Konventsangehörigen wie
Unterpriorin, Schäfferin und Küsterin, dazu in lutherischer
Zeit einzelnen Klosterpredigern. Ein Grabdenkmal für eine
normale Konventualin wird nicht aufgeführt. Ein solches
findet sich auch nicht im erhaltenen Bestand.
Der bietet mit einer adeligen Klosterwohltäterin, zwei
Pröpsten, einem Propstsohn, drei Dominae, zwei lutheri
schen Pastoren, dazu zwei Familienmitgliedern der in der
späten Zeit im Kloster einflussreichen Amtmänner eine
vergleichbare, an Amt und Würden ausgerichtete Zusam-
mensetzung.
Die Grabdenkmäler verteilen sich auf den Kreuzgang mit
sieben Platten und zwei Epitaphien sowie auf die Kirche mit
zwei Epitaphien in den beiden Turmkapellen und einem
Epitaph im Langhaus. Die nachfolgende Auswahl daraus